Slowakeitour 4. – 13. August 2008
Montag
Ein
Tag im Zug. Österreich ist
größer als ich dachte. Zumindest dauert die Fahrt
ziemlich
lange durch die Alpenrepublik. Während der Fahrt ziehen die
Wolken
immer mehr zu. Bratislava empfängt uns nach wenigen Metern
Radl-Highway (einer der wenigen Radwege der Slowakei) mit einem
Gewitterschauer, den wir unter einer
Fußgängerbrücke
unversehrt und trocken überstehen. Über eine
große
Brücke mit Ufo auf dem Pylon gelangen wir in die Altstadt
unterhalb der Pressburg. Die Altstadt ist übersichtlich und
sehr
schön renoviert. Wir bekommen bei der Touristinfo kurz vor
Schluss
eine kostenlose Slowakei-Karte 1:
Dienstag
Am Morgen regnet es noch. Stadtauswärts peilen wir nur grob eine Himmelsrichtung an und achten darauf nicht in eines der bis zu einem halben Meter tiefen Schlaglöcher zu fallen. Spurrillen sind auch wie Ackerfurchen in den Teer gewalzt. Am ersten Supermarkt (in der Slowakei gibt es Tesco, Kaufland, Coop und Lidl) füllen wir unseren Reiseproviant auf. Über Senec fahren wir nach Trnava. Die Stadt in der PSA ein großes Werk hat wird auch Klein-Rom genannt, weil es dort so viele Kirchen und Synagogen gibt. Die Stadt wirkt gemütlich, weil die Straßenzüge in der Altstadt nur eingeschossig sind. Seit wir aus Bratislava raus sind wird der Verkehr weniger und das Wetter besser. Ich hol mir den ersten Sonnenbrand. Weiter geht’s mit einmal verfahren nach Hlohovec. Christian empfängt uns am Kirchplatz. Wir schauen kurz zu Erika ins Büro, fahren zum Einkaufen und radeln dann 4 km weiter nach Norden zu ihrem Haus in Koplotovce. Das Haus ist sehr geräumig und schön. Sepp und ich machen uns fit, denn wir gehen noch slowakisch Essen in einer Weinlaube.
Mittwoch
Nach
einem leckeren
Frühstück fahren wir los. Doch stopp: Christian hat
das
Liegerad ausprobiert und konnte auf Anhieb damit fahren. Respekt! Die
ersten Kilometer bis Piešt’any düsen wir
auf der
Straße. Im Kurort bewundern wir zunächst eine
Wasserski-Schleppliftanlage. Wir kaufen uns Radkartenmaterial 1:
Donnerstag
Nach
einer kurzen Runde durch
Tren?in fahren wir auf einem als Radweg ausgezeichneten Dammweg weiter
nach Norden. Doch schon bald wechseln wir auf die Straße,
weil
uns die Schlaglöcher zu groß werden. Wir mussten uns
so sehr
konzentrieren, nicht in einen dieser Krater zu stürzen, dass
wir
keinen Blick mehr für die Landschaft übrig hatten.
Auf der
Straße hatten wir dann immer wieder Rennradler im
Rücken,
die uns antrieben. Unterwegs haben wir uns dann eine Wassermelone
gekauft und diese dann auf dem Weg nach Cicmany vernascht. Mit einer
halben Wassermelone im Bauch waren die
Freitag 8.8. 135 km 350 hm
Wir kommen früh aus dem Zelt und haben auch bald eingepackt. Das Wetter sieht nicht so gut aus, aber wir haben einiges vor. Zunächst radeln wir auf den Marktplatz von Zilina, wo wir uns einen leckeren Kaffee als zweites Frühstück gönnen. Aus der Stadt raus machen wir einen kurzen Versorgungsstopp, ehe wir auf der Bundesstraße nach Osten fahren. Eine stark befahrene Bundesstraße ist eine der wenigen Möglichkeit durch das enge Waagtal. Hier zwängt sich der Fluss, mit der Eisenbahn und der Straße durch die niedre Fatra. Ein halber Meter Seitenstreifen ist für uns. Doch nicht immer, mal fehlt er ganz, mal nimmt die Teerwulst der Spurrillen diesen Platz ein. LKW fahren mit 90 Sachen bis auf wenige Zentimeter an uns vorbei. Autos überholen auf der Gegenfahrbahn aus dem Windschatten ihres Vordermanns heraus und stechen direkt auf uns zu, ehe sie das Lenkrad rum reißen und einen halben Meter vor ihrem „Gegner“ wieder rein schneiden. Sepp fährt einen Platten. Mit seinem Familienpfiff stoppt er mich und wir flicken den Reifen im Straßengraben. So geht es nach Martin. Martin ist eine sehr slowakische Stadt hier spielten sich die wichtigsten Szenen der modernen slowakischen Geschichte ab. Die Straßen sind parallel zum Marktplatz in Nord-Süd-Richtung angelegt. Zwei davon deuten auf die sozialistische Vergangenheit hin: Breite Aufmarschschneisen, mehrere km lang. Hier treffen wir das erste mal bewusst auf Sinti und Roma. Diese haben in der slowakischen Gesellschaft kaum eine Chance. Einzig Musik und Tanz dürfen sie darbieten, da sind sie gerne gesehen. In den Orten erkennt man die heruntergekommenen Häuser und Wellblechhütten von weitem. Weiter geht’s auf der B18, bzw. E50 durch die Hohe Fatra nach Ruzomberok (ehem. Rosenberg, wer hätte es gedacht.) Eine schöne Stadt am Fuße von Fatra und Tatra. Ein Wintersportort. Aber auch eine Industriestadt mit ausgedehnten rostigen Industrieruinen. Von hier aus können wir auf Nebenstraßen zum Liptovsky Mara, dem riesigen Liptauer Stausee fahren. 40 m hoch ist ein etwa 2 km breiter Damm, darunter ist gleich ein weiterer etwas kleinerer Stausee und ein Kurort, der viele Polen, aber auch Deutsche und Italiener anlockt. Das Wetter war tagsüber ganz gut erst am Abend als wir einen Campingplatz suchen zeiht es zu. Beim ersten Wildcamping werden wir abgewiesen. Ein an ein Hotel angegliederter Zeltplatz ist spontan unser Ziel als zu schütten beginnt. Wir genießen zunächst slowakische Küche (Teigwaren und Schafskäse), ehe wir unser Zelt aufschlagen.
Samstag 9.8. 25 km Zugtag
Der Regen lässt zwar nachts leicht nach, aber am Morgen legt er voll los. Wir planen einen Zugtag. Von Liptosky Mikulas, wo wir völlig durchnässt ankommen, fahren wir mit dem Zug über Poprad, fast bis Kosice östlich um die Tatra herum, um dann zwischen Tatra und Slovenischem Karst nach Banska Bistrica zu fahren. Eine sehr schöne Landschaft. Das Hrontal ist im Gegensatz zum Waagtal kaum besiedelt und wenig erschlossen. Endlich, am Abend hört es zu regnen auf. Wir suchen uns zentrumsnah eine Pension (2 Personen 25 €/Nacht, und das in der Hochsaison), um unsere Sachen zu Waschen und trocken zu bekommen. Am Abend genießen wir das Highlife in der Altstadt. Kneipe an Kneipe. Das reinste Paradies für Jugendliche, und deshalb verdient die heimliche Sommerhauptstadt. Umrahmt von Gebirgen bietet diese Stadt mit 60.000 Einwohnern alles was man sich wünscht. Mein persönlicher Favorit!
Sonntag 10.8. 125 km
Die Sonne weckt uns früh und wir starten noch eine zweite Tour durch die Stadt hinein in die vielen Kirchen. Wir schlendern durch gemütlichen 2geschossigen Klassizismus und genießen einen leckeren Kaffee an der Stadtburg. Um 10 verlassen wir die Pension, alles ist wieder trocken. Nach Süden raus ist unser erstes Ziel Hronsek mit seiner Artikularkirche. Eine 270 Jahre alte Holzkirche aus der Zeit der Gegenreformation. Man gestand den Protestanten zu Kirchen zu errichten. Bedingung, von der Straße abgewandt, kein Glockenturm, nur aus Holz ohne Eisenverbindung und in einem Jahr zu errichten. Die Herausforderung haben die Baumeister dort mehr als erfüllt. Die Kirche für 1200 Personen, ist sehr durchdacht gebaut. Die Eichenbalken sind filigran verzapft. Weiter geht’s an der Hron hinaus aus den Bergen bis hinter Levice. Unterwegs haben wir teilweise schwer mit der Wegbeschreibung zu kämpfen. Erst als uns ein Einheimischer über die Einfädelspur der Kraftfahrtstraße über die Hro leitet kommen wir weiter. Unterwegs verpflegen wir uns mit Mirabellen und am Sonntagabend! kaufen wir bei Tesco 24-7 ein.
Montag 11.8. 120 km 400 hm
Vom Zeltplatz aus haben wir erst mal eine Ehrenrunde gedreht, weil die neue Zufahrt von Süden noch nicht kartiert war. Auf verlassenen Landstraßen sind wir entlang des Übergangs in die Donautiefebene geradelt. Auf der Karte sah es Brettleben aus, aber immer wieder mussten wir Anhöhen mit herrlichem Ausblick erklimmen, um im nächsten Moment wieder in die Ebene zurückzufahren. Es ging durch kleine Dörfer, die immer mehr auch auf Ungarisch beschildert waren. Mittags waren wir dann an der Donau. Sturovo ist der Brückenkopf nach Ungarn. Estergom hat schon von weitem mit seinem riesigen Dom gegrüßt. Die größte Kirche Ungarns und die drittgrößte Europas ist so unwirklich groß, weil die Erbauer mit den Proportionen eine einzige Illusion geschaffen haben. Nach Westen hat die Kirche ein 25 – 30 m hohes Tor, das aber nicht geöffnet werden kann, weil direkt dahinter der Hochaltar ist. Die Heiligen im Inneren sind übermenschlich groß und den Durchmesser der Kupper erkennt man nur, wenn sich gerade Besucher Ameisen gleich an der Brüstung entlang schieben.
Vom ungarischen Bischofsitz fahren wir nach ausgiebiger Mittagspause zurück über die Donaubrücke in die Slovakei. Zunächst radeln wir auf der Straße nach Westen. Den ausgeschriebenen Radweg auf dem Donaudamm verlassen wir bald wieder, weil der grobe lose Kies kaum fahrbar ist. Von den schönen Donauauen bekommen wir wenig mit. Wir konzentrieren uns auf den Rädern sitzen zu bleiben. Zurück auf der Straße zieht Sepp das Tempo an und trotzt wie eine Lokomotive dem Gegenwind. Unterwegs kühlen wir uns kurz in der Donau ab, bevor wir im Windschatten wechseln. In Komarno, wo die Waag als breiter Strom in die Donau mündet schmerzen die Knie und wir beschließen den Zeltplatz in der Hafenmetropole zu suchen. Nicht ganz einfach: Der Platz ist hinter einer hohen Mauer in einem etwas zwielichtigen Viertel versteckt. Den Schlüssel dazu gibt’s in einem Hotel in der Nachbarschaft. Ohne Gepäck und frisch geduscht erobern wir die alte Befestigung der Stadt. Mehrere Forts und Glacies sind heute noch erhalten und säumen den Grüngürtel der Stadt. Auch in der Stadt gibt es schöne Bauwerke. Wir beschließen zum Essen zu gehen. Jeder eine Pizza und zwei Bier, das ganze für 11 €, da kann man sich nicht beschweren.
Dienstag 12.8. 130 km
Um die Runde komplett abzuschließen stehen wir früh auf. Das Frühstück gibt’s beim Coop und mit ausreichend Rückenwind machen wir am Vormittag gut Strecke. Auf Nebenstraßen fahren wir richtung Donau. Zwischen Medvedov und Sap probieren wir erneut den Dammweg aus. Gut fahrbar, und als sich dann der Donaukanal bei Sap abzweigt wird der Dammweg zum Fahrrad-Highway. Schnurgerade fahren wir auf die Staumauer des umstrittenen Donaukraftwerks Gabcikovo zu 40 m Stauhöhe auf 800 m Breite. 80% des Donauwassers werden durch den künstlichen Seitenarm geleitet. Die Donau ist hier über eine Länge von gut 40 km aufgestaut. Der Stausee ist bis zu einem km breit. Für die Donauauen an der Grenze zu Ungarn bleibt dann nur noch ein kleiner Teil des Wassers übrig. Bedenklich ist auch, dass das Wasser 30 m über der Landschaft fließt. Von der Dammkrone aus sieht man am gegenüberliegenden Ufer nur noch vereinzelt die Kirchturmspitzen. Am Kraftwerk machen wir Mittagspause und gönnen uns eine Siesta, schließlich haben wir schon einige km absolviert und außerdem haben wir während der Pause gemerkt, wie heiß es eigentlich ist. 50° C und mehr sind es in der Sonne, da muss man vorsichtig sein. Doch bald schon heizen wir wieder auf dem Dammweg dahin, gestärkt von einem Schwall heißem Pustawind. Bald schon erkennen wir die Silhouette der Hauptstadt, die ersten vorgelagerten Naherholungsgebiete, Vororte und die erste Stadtautobahn. Unser Ziel der Zeltplatz im Nordosten der Stadt bleibt uns verwehrt. Die Straßenführung ist ebenso verwirrend wie die Wegbeschreibungen der Passanten und Polizisten, die vergeblich in alten Stadtplänen nach den ganzen neuen Industriegebieten und Autobahnen suchen. Unsere Orientierung ist gut aber immer wieder geraten wir in Sackgassen, enden Straßen an Bahngleisen oder sind uns andere neue Bauwerke im Weg. Etwas entnervt kommen wir am lärmgeplagten Zeltplatz an.
Mittwoch 13.8. 10 km
Einmal quer durch die Stadt kommen wir zum Bahnhof. Wir haben ein ausreichendes Zeitpolster eingeplant. Die Zugfahrt verläuft problemlos, nur bis Salzburg ist der Zug überlaufen, da alle zum Frequency fahren.
Gesamt: 810 km und ca. 2000 hm
Schön wars, ein herrliches Land! Danke Sepp, hat gut gepasst und viel Spaß gemacht, mit dir zu radeln.
Johannes Auburger